Bad Wurzach - „Das dauert ja ewig“ – Wie oft hat jede und jeder von uns das schon in unterschiedlichsten Situationen gedacht oder auch gesagt? Im Stau auf der Autobahn zu Ferienbeginn, an der Supermarktkasse in der Warteschlange…Und gleichzeitig haben viele Menschen das Gefühl, dass die Zeit immer schneller vergeht!
Gerade war noch Montag – schon ist wieder Wochenende. Gerade war erst Weihnachten – schon ist Ostern wieder vorbei. Die Tage und Wochen sind ausgefüllt mit Terminen und Verpflichtungen, alles ist zeitlich eng getaktet. Da bleibt oft wenig oder gar keine Zeit zum Ausruhen, Verweilen, Nichtstun. Unsere Welt ist sehr schnelllebig; so empfinden es sehr viele Menschen. Die Anforderungen sind hoch. Wer zu langsam ist oder gar stehen bleibt, wird schnell abgehängt.
Dabei gibt es eigentlich nichts, was so zuverlässig gleichbleibend ist wie die Zeit. Aber wir empfinden sie so unterschiedlich, weil wir sie so individuell füllen können. Das ist jeden Tag neu ein wunderbares Geschenk und gleichzeitig eine große Herausforderung.
Momentan haben viele Menschen das Gefühl, dass sie viel mehr Zeit haben als sonst. Ja, die Möglichkeiten, unsere tägliche Lebenszeit zu gestalten, haben sich verändert. Da fallen „Verpflichtungen“ weg – kein Sportverein, kein Chor, keine Sitzungen, keine Fortbildung am Wochenende. Für viele Menschen hat sich auch der Arbeitsalltag verändert: Kurzarbeit oder Homeoffice für die einen, Doppelschichten oder haufenweise Überstunden für die anderen. Die einen leiden besonders unter der Einsamkeit, für andere ist die permanente Präsenz der Kinder eine Belastung.
Und für alle bleibt die eine Frage, auf die uns keiner eine Antwort geben kann: „Wie lange soll das noch dauern?“ Schon fünf Wochen kommen vielen wie eine halbe Ewigkeit vor! Die Ewigkeit ist ein Begriff, der für uns Menschen nur schwer vorstellbar ist. Wenn schon die Unendlichkeit der Zahlen für Schüler wie Erwachsene kaum zu begreifen ist, wie können wir da eine Vorstellung von der Ewigkeit haben?
Es gibt da diese schöne und viel zitierte Geschichte, die versucht, die Ewigkeit bildlich vorstellbar zu machen: Irgendwo auf dieser Welt gibt es einen Berg. Einmal im Jahr kommt ein kleiner Vogel zu diesem Berg und wetzt seinen Schnabel an einem Stein. So geschieht es jedes Jahr ein Mal. Wenn dann eines Tages der ganze Berg mit all seinen Steinen abgewetzt ist, dann ist eine Sekunde der Ewigkeit vergangen.
So groß ist Ewigkeit.
Vielleicht denken Sie beim nächsten Mal an den kleinen Vogel, wenn Sie beim Beten des Vaterunsers an die Stelle kommen „…Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“ Bei aller Ungeduld in diesen Wochen und Monaten kann es hilfreich und tröstlich sein, wenn wir daran denken, dass wir uns in unserem Glauben an Gott in ganz anderen zeitlichen Dimensionen bewegen.
Bleiben wir alle geduldig miteinander und freuen uns über unsere Lebenszeit – das wünsche ich uns von Herzen.
Bild und Text: Astrid Greshake, Prädikantin